Rincker existieren als Glockengießer seit mindestens 1590 und sind damit die ältesten in diesem Handwerk in Europa, da immer in Familienbesitz geblieben.
Seit mittlerweile mindestens 14 Generationen wurde das Wissen um die Konstruktion der Glockenrippe immer direkt in der Familie weitergegeben.

Der Gründer

Rincker war schon im Mittelalter ein Berufsname, der Ringe, Ringgießer, auch Rotgießer, bedeutete. Die Namensdeutung ist nicht genau erforscht, sie lässt nach Expertenmeinung mehrere Möglichkeiten offen (Duden "Familiennamen"). In der wohl turbulentesten Zeit im Umbruch des 16. Jahrhunderts in Europa, mit massenweisen Flüchtenden und Neuansiedlungen kann sowohl an eine Herkunft aus Zürich gedacht werden (hier gab es Rincker bis in die 1520er Jahre), aber auch an Vertreibungen z.B. aus Frankreich in der Zeit nach der „Bartholomäusnacht“. Möglich sind in dieser Zeit natürlich auch mehrere Wanderungen und Umzüge.

Die ältesten Namensnennungen von Glockengießern stammen in dieser Zeit in der hiesigen Gegend, in der es noch keine ordentlich geführten Tauf- oder Sterberegister für bürgerliche und einfache Handwerker gab, standesgemäß auf Glocken. Sollte der sich auf manchen Glocken als „Rickern“ bezeichnende, auf seiner ältesten erhaltenen Glocke von 1576 ebenfalls ein Vorfahre sein, wovon selbstverständlich auszugehen ist, da in dieser Gegend kein anderer Gießer solcher Namensähnlichkeit bekannt ist, ist die Glockengießerfamilie Rincker noch 16 Jahre älter als bisher bekannt und wird 2026 schon viereinhalb Jahrhunderte tätig sein.
1575 kauft Hans Rincker ein Grundstück in Aßlar auf dem Wingert, Vermögen muss der Meister also schon gehabt haben, was für eine vorhergehende, langjährige und erfolgreiche Handwerkertätigkeit schließen lässt. Wegen des Vermögens streitet Rincker gegen seinen Landesherrn 1604 in einem Bedestreitverfahren vor Gericht und gewinnt, gut zehn Jahre später streitet Johans Rincker (sein Sohn?) erneut, diesmal gemeinsam mit Leidensgenossen gegen die herrschaftliche Willkür, muss aber, um all seinen Besitz fürchtend aufgeben und einen erneuten, diesmal sogar lebenslangen Treueeid schwören, wie uns alles die Gerichtsakten im Fürst zu Solms-Braunfels'schen Archiv zeigen ["Zehentgefälle Asslar..." ,1604, "Vermessung der Wiesen..."].

Meister Hans Rincker steht am Anfang der bisher bekannten 14 Generationen. Er lebte in Aßlar, aber auch in Edingen, nahe der Burg Greifenstein, wo er neben Glocken, was dokumentiert ist, wahrscheinlich auch Geschütze goss. Die Fortifikationen der Solms-Greifenstein'schen Burganlage Mitte des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts ("Rossmühle") benötigten gute, erfahrene Geschützgießer. Seine Söhne ließen sich in Aßlar und Altenstädten nieder. Von hier aus reisten sie zum Guss von Glocken vor Ort im heutigen Hessen, Westfalen, Niedersachsen und der Pfalz. Die größeren Glocken wurden aus Gründen des problematischen und teuren Transportes, bis zum Aufkommen der Eisenbahn im 19. Jahrhundert, sowie der Abschaffung der Zollgrenzen im Vielvölkerstaat und der damit verbundenen Zollzahlungen, dort gegossen wo sie gebraucht wurden.

Ausweitung des Wirkungsgebietes

Von Johann Jacob Rincker (1647- 1744) wissen wir, dass er weit reisen musste um Aufträge ausführen zu können. Mehr als 60 Glocken sind für ihn belegt, die meisten davon existieren noch. Da die älteste erhaltene, durch Inschrift dem schon fast Vierzigjährigen direkt zuzuordnende Glocke erst 1686 gegossen wurde, müssen wir davon ausgehen, dass Meister Johann Jacob deutlich mehr und auch früher gegossen hat. Gussstätten betrieb er weit überregional, wir kennen solche von Ober-Sülzen in der Pfalz (er nennt sich dort auf Glockeninschriften Gemeins-Mann zu Obersiltsen), bis nach Ankum bei Osnabrück. Einer seiner Nachfolger, Wilhelm Anton Rincker, 1692 in Aßlar geboren, war ebenfalls ein bedeutender Meister seiner Zeit. Auch er war als Wandergießer tätig, erhielt Aufträge aber eher aus dem Norden und Nordwesten Deutschlands. Einer seiner Söhne, Moritz Rincker, begründete 1755 in Osnabrück eine Glockengießerei, die 1800 aufgegeben werden musste, da es keinen Berufsnachfolger gab. Anders war es bei seinen Brüdern: Heinrich Rincker siedelte sich zusammen mit seinem Bruder Philipp in Leun im Lahntal an. Von hier aus zog Gottfried Rincker 1820 nach Elberfeld bei Wuppertal und erschloss der Familie als neue Wirkungsstätte das Rheinland. In Affeln und Westhofen entstanden Rincker’sche Gießereien, an denen Aufträge aus einem Arbeitsgebiet ausgeführt wurden. Wegen fehlender Berufserben mussten auch diese Gussstätten aufgelöst werden, in Westhofen ist diese noch heute als solche erkennbar.

Die Glockengießerei in Sinn wird weltbekannt

1817 verlegte der erst 22-jährige Philipp Heinrich Rincker die Gießerwerkstatt vom preußischen Leun an den heutigen Standort, ins nassauische Sinn. Sein ältester Sohn Heinrich Wilhelm wanderte in den Vierziger Jahren des Neunzehnten Jahrhunderts aus und gründete 1846 in Chicago/Illinois/USA erfolgreich eine erst 1981 abgerissene Glockengießerei, aus der noch heute Glocken existieren (leider nicht mehr seine größte Glocke mit etwa 4000kg aus 1854, die als Feuermeldeglocke in der Chicago'er Feuerwehrstation hing, beim großen Brand von Chicago 1871 ausgerechnet dort zerstört wurde), ebenso existieren noch Glocken aus seiner 1867 gegründeten Glockengießerei in St. Louis/Missouri. Ihm folgten seine vier jüngeren Brüder ins Neue Land. Friedrich Wilhelm Rincker, der zweitjüngste der Brüder kehrt später aus den USA zurück, um die Tradition der schon über 250 Jahre alten Glockengießerei, in bereits mindestens neunter Generation fortzuführen. Philipp Heinrich Rincker, dessen strenge Ernsthaftigkeit auch auf der Glockenzier widerspiegelt, stirbt 1868.

Den technisch-handwerklichen Aufstieg der Glockengießerei Rincker um 1900, nun auch erweitert um eine Eisengießerei und Landmaschinenfabrik, ermöglichte Friedrich Wilhelm Rincker gemeinschaftlich mit seinem Sohn August, der für eine zweijährige technische Ausbildung in die USA geht und modernste Techniken erlernte. Auf seiner Wanderschaft durch die "Vereinigten Staaten" lernt August zum Beispiel die für moderne Landwirtschaftsgeräte (z.B. für alle Gelenkwellen und -teile) und Feuerwehrspritzanlagen so wichtige Herstellung von schwarzem Temperguss kennen und in Sinn später in der eigenen Eisengießerei der "Rincker Landmaschinen" selbst anzuwenden.

August Rinckers Freundschaft zum bekannten Akustiker Appunn brachte die Glockengießerei Rincker zu Weltruhm. Georg Appunn entwickelte ein Verfahren weiter, um mit verstellbaren Stimmgabeln die Teiltöne einer Glocke genauestens zu ermitteln.

Bedingt durch den Ersten Weltkrieg, aber auch die aufkommende Inflation gab es zeitweise kaum Aufträge, weder in der Glockengießerei, noch in der Eisengießerei, noch im Maschinenbau. Glocken im hierfür völlig ungeeigneten Material Eisen (Eisenhartguss, also nicht duktiles Eisen) herzustellen, wie es manch einer nun versucht, lehnt August allerdings weiterhin kategorisch ab.

August Rinckers ältester Sohn Friedrich Wilhelm, genannt Fritz, beginnt in dieser Zeit mit der Stahlgießerei Buderus in Wetzlar eine Stahlglockengießerei aufzubauen (Glocken werden per Inschrift bezeichnet als „Buderus in Wetzlar und Rincker in Sinn“ gegossen), gibt aber 1921 wieder auf (Stahlglocken die in den Folgejahren unter „Buderus in Wetzlar und Humpert in Brilon“ bezeichnet werden, sind Folgeaufträge und wurden ebenfalls von Fritz konstruiert und geformt). Fritz Rincker baut ab 1922 in Budapest-Czepel in Ungarn eine Bronzeglockengießerei auf und gießt dort bis 1928 über 2000 Glocken für Ungarn, ins heutige Rumänien und Teile des heutigen Serbiens. Seine größte Glocke, die ungarische Landesheldenglocke von 1927, hängt noch heute im Dom zu Szeged(in), ist mit mehr als 8,5 Tonnen Gewicht die schwerste in Ungarn. Nach dem Tode seines Vaters August Rincker 1931, führt er die Glockengießerei in Sinn zusammen mit seinem Bruder Curt unter dem Namen "Gebrüder Rincker" fort.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bauten beide die Gießerei unter überaus schwierigen Bedingungen wieder auf und erhielten Aufträge z. B. aus Afrika, Skandinavien und Lateinamerika. Die Krönung ihres Schaffens war 1960 der Glockenguss für das großartige sechsstimmige Geläute für den neuen Eiermann-Turm, sowie das von Prinz Louis-Ferdinand konzipierte Glockenspiel in die Ruine der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Fritz‘ aktive Arbeit an den drei Gießereien währte von 1909 bis zu seinem Tode 1969. In dieser Zeit wurden in der Glockengießerei Rincker rund 14.000 Glocken in Glockenbronze gegossen, zusätzlich fast 500 Stahlglocken in Wetzlar, sowie einige hundert Kupfer-Silizium-Glocken nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Währungsreform 1949.

Eine einmalige Größenordnung der das 20. Jahrhundert prägenden Gestalt im Glockenwesen.

Neue Firmenzweige kommen dazu

Im Jahre 1962 gab es eine erste Firmenübernahme. Die exzellente Beziehung von Hans Gerd Rincker zu „Vater Kurtz“ (Wilhelm Kurtz 1879-1974), einem seiner Glockengießer-Lehrmeister auf der Wanderschaft, führte zu dem Kurtz’schen Angebot, seine Aufträge, Bücher, Kundendienste, Wartungen, Mitarbeiter und vor allem seine Geheimnisse, sowie das gesamte großartige Wissen Stuttgarts letzten Glockengießers zu übernehmen. Durch den Kauf eröffneten sich außerdem beste Beziehungen nun auch nach Süddeutschland, besonders ins Württembergische, aber auch nach Baden, Freiburg, Stuttgart-Rottenburg und die angrenzenden Regionen. Die Glockengüsse, auch die in originaler Kurtz-Rippe, erfolgten ab jetzt nicht mehr in der Stuttgarter Heusteigstraße, sondern ausschließlich in Sinn.

Im Jahr 1957 konnte für Emden/Ostfr. die 10.000ste Glocke seit Beginn der Zählung 1859 gegossen werden.

Nach Fritz‘ Tod 1969 übernahm dessen Sohn Hans Gerd die Glockengießerei in Sinn. Er hatte sie bereits zusätzlich zu einer Kunstgießerei ausgebaut und führte sie sehr erfolgreich mit seinem kinderlos gebliebenen Onkel Curt (+1981), durch die schlimme Zeit der vielen Glockengießerei-Schließungen in den 1960/70er Jahren, starb aber 1990 mit 61 Jahren sehr früh.

Hans Gerds Söhne, die Gebrüder Hanns Martin und Fritz Georg Rincker übernahmen nun in Sinn, außerdem kauften sie 1993, kurz nach der deutsch-deutschen Wiedervereinigung, die traditionsreiche, seit 1725 bereits in der Niederlausitz bestehende Kunstgießerei Lauchhammer und bauten sie zu einer Glockengießerei aus, der einzigen im heutigen Ostdeutschland. In den folgenden 19 Jahren wurden unzählige Kunstgüsse, aber auch mehr als 700 Glocken, vornehmlich Kirchenglocken gegossen.

2010 konnte die ebenfalls traditionsreiche, seit 1819 bestehende Hamburger Turmuhrenfirma W. Iversen, Dimier & Cie, Nachf. in Hamburg übernommen werden, somit wurde die Produktion um diesen, für den Kirchturm ebenfalls sehr wichtigen Part ergänzt.

2012 konnte die Kunstgießerei Lauchhammer veräußert werden, dadurch die Produktionsstätte der Hamburger Firma in jetzt eigene größere Gebäude in den südlichsten Stadtteil Hamburgs, nach Kirchwerder verlagert.

2013 erfolgte in Sinn der Guss der 20.000sten Glocke, für den "Dom" zu Lampertheim.

2015 konnte Christian Rincker seine Prüfung zum "Metall- und Glockengießer" ablegen, der erste Grundstein für die mindestens 14 Generationen einer stetig in Familienbesitz gebliebenen Glockengießereifolge ist somit gelegt.

 

Heutzutage sind nicht mehr die Neugüsse der Glockengießerei und Kunstgießerei wirtschaftlich alleine entscheidend, der Bereich des Service in und am Kirchturm ist zu einem wichtigen Standbein geworden. So bestehen für beide Firmen mehr als 3500 Wartungsverträge mit Kirchgemeinden und kommunalen Trägern für Glocken, Läuteanlagen und Turmuhren, sowie in steigender Zahl auch für Kunstgussobjekte.