handgeschnittene Inschrift für St. Michaelis "Michel" zu Hamburg
oben und unten: der fertig gebrannte Mantel wird zum Guss bereitet
(die 3 obigen Photos sind von Thomas Lohnes, Darmstadt)

Glocken sind Musikinstrumente und nach ihrer Bestimmung zum Läuten gedacht, sie sollen in erster Linie gehört werden, deshalb steht beim Glockengießer das Bemühen um höchste Tonqualität im Vordergrund.

Was gut ist kann aber auch schön sein und wenn die Glocke auch oft an wenig zugänglichen Orten wohnt, selten aufgesucht und viel öfter gehört als gesehen wird, sie ist doch Kulturgut und zu ihrem Wert gehört auch das gestaltete Äußere.
Da Glocken Jahrhunderte überdauern können, geben sie der Nachwelt Zeugnis in Schrift, Epigraphik, Kunst- und Stilepochen, aber auch der gerade in der Gemeinde zum Zeitpunkt der Glockenbestellung existierenden Gedankenfülle oder –losigkeit, letzteres besonders in der jüngeren Vergangenheit.


In der Rincker-Familie ist die Freude am Experimentieren alt. Die „Formlust“, die Freude am schönen Glockenkörper, der Ehrgeiz, gießerisches Können anzuwenden, schlägt in vielen Generationen durch und beschert uns reizvolle Lösungen, freilich ist die Gestaltungsfreiheit immer auch abhängig vom Auftraggeber, der Gemeinde, die bestimmt was auf die Glocke darf. Das können endlose Namensaufzählungen sein; vom Hauptspender verfasste Verse; im 18./19. Jahrhundert gibt es dafür besonders eklatante Beispiele. Nicht selten gibt es aber auch sinnige, kluge, inhaltsreiche Inschriften und ebenso oft hat man uns bei der Gestaltung mehr oder minder frei walten lassen.

Das Äußere der Glocke würdig zu gestalten, war im Hause Rincker immer als Aufgabe gesehen worden.

Vor knapp einhundert Jahren war es Rudolf Koch, der Große unter den deutschen Schriftkünstlern des vergangenen Jahrhunderts, dem Rincker wesentliche Impulse verdankt. Begeistert von der Begegnung mit dem „klingenden Riesengedanken“ entwarf der Professor eine Glockenschrift für Rincker. Das bei uns 1925 gegossene, mächtige Viergeläut für die Friedenskirche zu Offenbach erhielt von ihm selbst handgeschnittene Schrift, es wurde sofort unter Denkmalschutz gestellt.

Kochs begabtester Meisterschüler, Berthold Wolpe, führte die fruchtbare, freundschaftliche Zusammenarbeit mit Curt Rincker, Fritz‘ jüngerem Bruder fort. So entstanden in den zwanziger und dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts dutzende schöner, kunstvoll gestalteter Glocken mit handgeschnittenen Schriften und geritzten Symbolen. Im folgenden Krieg sind sie fast ausnahmslos untergegangen.

Die heutige Generation erinnert sich dankbar der Glockengießerbrüder Fritz und Curt Rincker, die auch in den Jahren der hektischen Glockenwiederbeschaffungen nach der Währungsreform darauf achteten, das Niveau nicht absinken zu lassen. Als Erste und Einzige in der Nachkriegszeit begannen Rincker das traditionelle Ritzen von Buchstaben in den Mantellehm und haben diese Technik bis in die heutige Zeit beibehalten. So sind großartig gestaltete reine Inschriften-Glocken entstanden, zum Beispiel das Großgeläute für die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche zu Berlin.

Aber auch die Beauftragung von externen Bildhauern und Künstlern, mit Entwürfen zur Glockengestaltung, ist nicht mehr wie ehedem eine Ausnahme. Heute sind die Ansprüche der Auftraggeber oft insgesamt gestiegen.

Im Interesse unserer Glockenkultur zu entsprechen, bleibt unsere Aufgabe.

 

Die nachfolgend abgebildeten Beispiele von Glocken mit moderner Inschrift und Zier sind nur ein kleiner Teil unseres eigenen Schaffens und Könnens. Wir wollen aber Raum für eigene Ideen, Gedanken und Möglichkeiten bieten:

 
Inschriftenbeispiele für unsere echte Lehmmantelritzung (teilweise auch als Gipsritzung):
Mit dieser Schriftart sind sehr eigenwillige, individuelle Gestaltungsmöglichkeiten ausführbar.
 

Prof. Schneider aus Bad Laasphe gestaltete die zu
ritzenden Inschriften dieser 3 Glocken für evgl. Penzlin/Meckl.
 
 
 

 

 

 

Unterschied zweier Glocken mit gleichem Inschrifttext, aber zeitgemäß unterschiedlicher Gestaltung.

Links freie Gestaltung durch Ritzung um 2010 gegossen, rechts einzeiliger Text, 1960, Schriftart Nr. 7, Prisma

 

 

 

 Ab hier folgen einige Beispiele in den Antiqua-Schriften unserer Nr. 1  und  16:

 

 

 

 Eine Unzial-Schrift ist z.B. unsere Nr. 2; zwei Glocken eines Geläutes dieser Schriftart zeigen wir hier:

 

 

Unsere Schrift Nr. 7 ist wieder eine klassische Antiqua-Schrift, allerdings mit prismenförmigem Querschnitt.
Auch aus größerer Entfernung ist dieser Schrifttyp noch gut lesbar.

 

Es gibt aber auch, in Ausnahmefällen, für Neugüsse immer wieder Aufträge zur Glockengestaltung der eher konservativeren Art. 

Das rechte Photo zeigt rechts eine detailgetreu optische Replik der alten, gesprungenen Glocke, links.

 

 

 

Sehr gerne arbeiten wir mit Bildhauerinnen und Bildhauern zusammen, um unseren Glocken auch äußerlich die ihnen gebührende Einmaligkeit verleihen zu lassen; hier einige wenige Beispiele: